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100 Jahre

Sternwarte Sonneberg

Letzten Endes ist nicht die Größe der Hilfsmittel,
sondern der treibende Geist entscheidend für den Erfolg

Cuno Hoffmeister, Oktober 1924

Mit diesen Worten am Ende der Denkschrift zur Verlegung der Sternwarte aus der Stadt auf den Erbisbühl an das Thüringer Ministerium für Volksbildung von Cuno Hoffmeister kann man vielleicht den Beginn der Sternwarte Sonneberg auf dem Erbisbühl datieren. Diese Denkschrift stellt somit den Auftakt für die Errichtung der heutigen Sternwarte dar und markiert den ersten Schritt in einem Prozess, der eng mit Hoffmeisters Vision und Engagement verbunden ist.

Bereits seit einigen Jahren betrieb Cuno Hoffmeister eine private Sternwarte in der damaligen Robertstraße 7 (heute Cuno-Hoffmeister-Straße). Die dortigen Arbeiten wurden in den Jahresberichten von 1921 bis 1924 dokumentiert und sind ebenfalls hier zu finden um Ihnen einen Eindruck von der Arbeit Cuno Hoffmeisters zu geben.

Ab Oktober 1924, dem Zeitpunkt der Denkschrift, wollen wir die Entwicklung der Sternwarte Sonneberg detaillierter verfolgen und Cuno Hoffmeister auf seinem Weg begleiten. Wir werden hier kleine Schritte, aber auch Meilensteine und Etappen bis zur Eröffnung der Sternwarte am 28. Dezember 2025 vorstellen.

1922 - Jahresbericht für 1921 (erster Bericht) in der Astronomischen Gesellschaft
Die Sternwarte zu Sonneberg, die hiermit zum ersten Male mit einem Jahresbericht vertreten ist, wurde von mir vor einigen Jahren geschaffen in der Erwartung, daß ich dadurch in die Lage versetzt würde, insbesondere die seit 10 Jahren gepflegte Erforschung der Sternschnuppen und Feuerkugeln in stärkerem Maße als vordem fördern zu können. Der Arbeitsplan umfasst außerdem die Untersuchung des Lichtwechsels veränderlicher Sterne in Fortführung meiner Tätigkeit an der Sternwarte zu Bamberg, sowie einige astrometrische Aufgaben.
Trotz der mannigfachen Schwierigkeiten, denen die Durchführung meiner Absichten naturgemäß begegnen mußte, hat das Institut auch im Jahre 1921 einen schönen Aufschwung genommen, nicht zuletzt dank der Unterstützungen, die ihm von verschiedenen Seiten zuteilgeworden sind. Das Instrumentarium erfuhr folgende Veränderungen: eine vor 9 Jahren von den Vereinigten Uhrenfabriken zu Freiberg (Sa) bezogene einfache Pendeluhr wurde mit einem Zweisekundenkontakt versehen, auf Sternzeit reguliert und zum Betrieb eines Chronographen verwandt, der vom Beobachtungsraum aus bedient werden kann und bei den Kometenbeobachtungen des Sommers 1921 erfolgreich in Tätigkeit getreten sind. Das Nickelstahlpendel der Hauptuhr Strasser u. Rohde Nr. 574 wurde mit Riellerscher Luftdruck-Kompensation ausgestattet. Der Sendtner-Zeißsche Refraktor (Obj. 135 mm) erhielt eine von mir hergestellte Beleuchtungseinrichtung. Da ein Kuppelbau aus verschiedenen Gründen nicht ausgeführt werden kann und bei der jetzigen Aufstellungsart des Instruments wesentliche Teile des Himmels im NO und SW durch Dachgiebel verdeckt sind, wurde der Versuch gemacht, diese Gegenden durch einen vor das Objektiv zu setzenden, von der Firma Carl Zeiß in Jena gelieferten Planspiegel zugänglich zu machen. Die mit dieser Anordnung bisher unternommenen Versuche hatten ein durchaus günstiges Ergebnis. Einen bemerkenswerten Zuwachs erhielt das Instrumentarium durch Stiftung einer Brunsviga-Rechenmaschine. Da sich ihre Lieferung verzögerte, sandte die Herstellerfirma, Grimme, Natalis & Co. in Braunschweig, im Oktober zur vorläufigen Benutzung eine ältere Maschine, die mir seitdem, vor allem bei den oft vorkommenden Ausgleichungsrechnungen nach der Methode der kleinsten Quadrate, so ausgezeichnete Dienste geleistet hat, daß ich dieses wertvolle Hilfsmittel nicht mehr missen möchte. Des weiteren erfuhr das Instrumentarium eine reiche Vermehrung an astrophysikalischen und astrometrischen Apparaten aus dem Nachlass eines im Jahre 1917 verstorbenen Freundes der Astronomie, des Rechnungsrates Max Blum in Meiningen. Die Regelung dieser Angelegenheit zog sich indessen noch weit in das Jahr 1922 hinein, weshalb erst im folgenden Jahre darüber berichtet werden soll. Die planmäßige Beobachtungstätigkeit erstreckte sich auf die Verfolgung veränderlicher Sterne, die Aufzeichnung von Sternschnuppenbahnen und die Messung von Kometenörtern. Mittels des Zeissschen Kreuzstabmikrometers und des Heydeschen Positions-Fadenmikrometers wurden am Refraktor beobachtet: Komet 1920c (Skjellerup) 4-mal, 1921 (Reid) 32-mal, 1921b (Winneckes periodischer Komet) 12-mal, 1921c (Dubiago) 5-mal, außerdem mehrere Vergleichsterne. Zur Bestimmung des Schraubenwertes des Fadenmikrometers wurden mehrfach Deklinationsunterschiede in den Plejaden und im Perseusbogen, einmal der Deklinationsunterschied der Fundamentalsterne α und ε Serpentis unter Einschaltung von 9 Zwischenpunkten gemessen, woraus sich der Wert IR = 30”67 ergab.
An gelegentlichen Wahrnehmungen sind zu erwähnen die Nordlichter vom 13., 14. und 15. Mai und die Leuchterscheinung vom 8. August. Bei der Mondfinsternis vom 16. Oktober wurden Schattenantritte und Sternbedeckungen beobachtet. Die Sammlung und Bearbeitung der Beobachtungen großer Meteore wurde wie bisher fortgeführt. Eine größere Untersuchung über die kosmische Stellung der Sternschnuppen, die mich vom Juli bis zum Jahresende mit wenigen Unterbrechungen beschäftigte, hat erneut gezeigt, dass die Kleinkörper des Weltsystems doch mehr Beachtung verdienen, als ihnen einige Jahr-zehnte hindurch geschenkt worden ist. Für eine finanzielle Unterstützung bin ich der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Dank verpflichtet; eine kleinere Zuwendung erfolgte von privater Seite. Cuno Hoffmeister.
1923 - Jahresbericht für 1922 in der Astronomischen Gesellschaft
Sonneberg, Die im vorjährigen Bericht erwähnte Auflösung der Blumschen Privatsternwarte in Meiningen kam im Frühjahr 1922 zum Abschluß. Der dortselbst im Jahre 1917 verstorbene Rechnungsrat Max Blum hatte eine Sternwarte errichtet, deren Ausstattung weit über das Bedürfnis eines Liebhabers hinausging. Es waren vorhanden: ein 6 zölliger Refraktor von Reinfelder, ein altes parallaktisches Fernrohr von Fraunhofer, ein azimutales Fernrohr von Steinheil, Spektrometer von Heele, großes Protuberanzen-Spektroskop englischer Herkunft (J. und R. Beck), kleines Protuberanzen-Spektroskop von Merz, geradsichtiges Spektroskop mit Spalt und Einrichtung für Vergleichsspektrum, Polarisationshelioskop von Merz, Positionsfadenmikrometer von Heyde,Spiegelprismenkreis mit Quecksilberhorizont, viele kleinere Apparate, außerdem einer reichhaltige mathematisch-physikalische Bücherei. Die von einem Mitglied der Meininger Gebietsregierung angeregte Umwandlung in eine staatliche Stiftung unter Überführung nach Sonneberg konnte nicht verwirklicht werden, da gegen ein in diesem Sinne von Frau Blura errichtetes Testament juristische Einwände bestanden. Im Verlaufe der lange andauernden Erbschaftsstreitigkeiten blieb zur Erhaltung der Sammlung schließlich kein anderes Mittel als der Ankauf durch den Unterzeichneten. Der Refraktor wurde alsbald wieder verkauft, da zu seiner Aufstellung weder der Raum vorhanden war noch das Bedürfnis bestand. Die anderen Instrumente befinden sich schon seit mehr als 2 Jahren in Sonneberg. Als letztes wurde im März 1922 die Bibliothek nach Sonneberg gebracht. Der hier vorhandene Bestand an gebundenen Büchern ist damit auf etwa 1200 gestiegen. Die wichtigste Veränderung im Berichtsjahr betraf den Refraktor von 135 mm Objektivöffnung. Das Instrument wurde im Juni abmontiert und soll unter Beibehaltung des optischen bei Zeiß eine neue, besonders starke Montierung erhalten, da sich die bisherige als zu leicht erwiesen hatte. Die dafür erforderlichen Geldmittel hat die Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Die Arbeiten sind zur Zeit der Niederschrift dieses Berichts noch nicht vollendet. Im Herbst wurde ein Steinpfeiler gebaut und die neue eiserne Säule zur Aufstellung gebracht. Im Frühjahr 1923 habe ich sie provisorisch mit dem alten Achsensystem und einem geliehenen 95 mm-Fernrohr von Heyde versehen, um wenigstens einige Beobachtungen an veränderlichen Sternen ausführen zu können. Die Uhrenanlage ist unverändert geblieben. Die Brunsviga-Rechenmaschine, Type Triplex R, die ich einer Stiftung verdanke, wurde im August von der Firma Grimme, Natalis & Co. in Braunschweig abgeliefert und konnte seitdem in größerem Umfang in Benutzung genommen werden. Aus Privatbesitz wurde ein Theodolit angekauft. Von der Sternwarte in Neu-Babelsberg wurden zwei ältere Kameras von großem Öffnungsverhältnis dargeliehen, die bei Versuchen zur Photographie der Sternschnuppen Verwendung finden sollen. Ein größeres Zeiß-Objektiv, Triplet von 170 mm Öffnung und 1200 mm Brennweite, ist von der Notgemeinschaft überlassen, kann aber erst nach Aufstellung der neuen Montierung des Refraktors in Benutzung genommen werden.
Die Beobachtungen wurden nur in der ersten Jahreshälfte planmäßig durchgeführt. Der Ort des Kometen 1922 b wurde an 6 Tagen bestimmt. Im übrigen war meine Tätigkeit vorwiegend rechnerischer Art. Viel Zeit beanspruchte die Berechnung der Bahn des Meteors vom 17. August 1921, führte aber auch zu guten Ergebnissen. Gegen das Jahresende habe ich in gleicher Weise den rheinländischen Meteoritenfall vom 1. Juli 1920 und die Feuerkugel vom 17. Juli 1920 behandelt. Weitere Rechnungen betrafen die Leuchterscheinung vom 8. August 1921 sowie eine größere Reihe kurzperiodischer veränderlicher Sterne. Für die Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften bearbeitete ich einen Abschnitt über die Beziehungen zwischen Sternschnuppen und Kometen. Literaturstudien zu diesem Zweck veranlaßten mich im September zu einem zehntägigen Aufenthalt am Astrophysikalischen Observatorium in Potsdam. Von Mitte November ab wurde ein hiesiger Oberprimaner als Hilfsarbeiter beschäftigt, vorwiegend mit der Anfertigung von Auszügen aus älteren Beobachtungsbüchern. Vom 1. Juli 1922 versehe ich den Gewitterdienst für das Preußische Meteorologischeninstitut.
Die Herausgabe eigener Mitteilungen der Sternwarte konnte verwirklicht werden. Bis zur Gegenwart sind 4 Hefte erschienen und an die verwandten Institute versandt worden. Vorgreifend sei bemerkt, daß im Jahre 1923 die Stiftung eines ausländischen Freundes der Astronomie zur Deckung der Druckkosten herangezogen werden konnte. Wesentlich gehoben hat sich der Eingang von Veröffentlichungen anderer Sternwarten, hauptsächlich vom Ausland. Ich benutze die Gelegenheit zu einer erneuten Bitte um Schriftenaustausch an jene Institute, die eigene Veröffentlichungen herausgeben und meinem Wunsche bisher nicht entsprochen haben. Einige kleinere Arbeiten erschienen in den Astronomischen Nachrichten. Als Ergänzungsheft, Bd. 4 Nr. 5, wurden gedruckt meine „Untersuchungen zur astronomischen Theorie der Sternschnuppen“, worin ich den Nachweis führen konnte, daß die kleinen Meteore sich gleich den großen in weitaus überwiegender Zahl in stark hyperbolischen Bahnen bewegen und daher interstellarer Herkunft sind. Eine Weiterführung dieser Arbeit hoffe ich im laufenden Jahr in Angriff nehmen zu können.
Am 14. Oktober 1922 verschied unerwartet mein Vater,
Carl Hoffmeister. Er war zeitlebens ein warmherziger Freund der Naturwissenschaft, und ich verdanke seinem praktischen Sinn und seiner Organisationsgabe viele gute Ratschläge beim Ausbau der Sternwarte. Ich gedenke seiner hier als eines Mannes, der nur durch äußere Umstände und vielleicht durch das Fehlen einer kräftigen Anregung seinem wahren, auf wissenschaftlichem Gebiet liegenden Beruf verlorengegangen ist.
Der handschriftliche Nachlaß des im Jahre 1919 verstorbenen österreichischen Meteorforschers Hofrat Gustav v. Nießl wurde mir durch Vermittlung des Herrn Prof. Thomas in Wien zugeführt. Unter anderem fand sich darin ein Katalog aller bisher berechneten Bahnen großer Meteore, etwa 500 Fälle umfassend. Leider besteht zunächst keine Aussicht, dieses Werk zum Druck zu bringen.
Cuno Hoffmeister.
1924 - Jahresbericht für 1923 in der Astronoischen Gesellschaft
Das Hauptinstrument der Sternwarte befand sich am Anfang des Jahres noch in der Werkstätte der Firma Carl Zeiß. Nur der Pfeiler aus Mauerwerk und die eiserne Säule standen bereits seit November 1922. Um einige Beobachtungen ausführen zu können, verband ich die Säule im März mit dem früher benutzten parallaktischen Achsensystem und einem Heydeschen Fernrohr von 95 mm Öffnung. Das Instrument eignete sich so für die Beobachtungen veränderlicher Sterne, jedoch nicht für irgendwelche Messungen. Im Juli wurde dann die neue Montierung von Zeiß abgeliefert und aufgestellt. Das Achsensystem des neuen Instruments entspricht dem des normalen 150 mm-Refraktors. Das Objektiv des Fernrohrs ist ein dreiteiliger Apochromat von Zeiß mit 135 mm Öffnung und 2020 mm Brennweite, aus meinem Privatbesitz. Ferner trägt das Achsensystem eine große photographische Kamera mit Zeiß-Triplet von 170 mm Öffnung und 1200 mm Brennweite, Vorrichtungen zur Befestigung zweier kleiner Kameras sind ebenfalls vorhanden. Als Sucher dienen ein Steinheil-Tubus von 60 mm und ein kleines Fernrohr von 35 mm Öffnung. Die Kreise und das Gesichtsfeld sind elektrisch beleuchtet; für die Beleuchtung der Mikrometerfäden ist ein Anschluß mit drehbarem Widerstand angebracht. Überdies habe ich, besonders zur Ablesung des Positionskreises bei Mikrometerbeobachtungen, eine Handlampe angeschlossen. Die Bewegung geschah anfänglich durch das Zeißsche Uhrwerk Nr. 77, doch ergab sich bald, daß die Kraft nicht ausreichte, trotzdem das Antriebsgewicht auf 100 kg erhöht worden war. Nach Überwindung großer, durch den Währungsverfall veranlaßter Schwierigkeiten konnte Anfang Januar 1924 das stärkere Uhrwerk Nr. 78 angebracht werden. Das Uhrwerk ist mit elektrischer Feinbewegung und Sekundenkontrolle ausgestattet. Der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, deren Eigentum das Instrument ist, sowie der Firma Carl Zeiß für ihr vielfaches Entgegenkommen und Eingehen auf meine Wünsche spreche ich auch an dieser Stelle meinen Dank aus. An sonstigen Vermehrungen des Instrumentariums sind zu erwähnen: ein Zeiß-Feldstecher von 40 mm Öffnung und achtfacher Vergrößerung, ein größerer Theodolit von Meißner, der aus Privatbesitz angekauft wurde, und ein von der Firma Carl Zeiß hergestellter einfacher Meßapparat für photographische Platten. Letzterer besteht aus einem starken Holzgestell mit Plattentisch, Objektivsystem und Beleuchtungsspiegel. Als wirksamer Teil findet das Positionsfadenmikrometer von Heyde Verwendung. - Die elektrischen Anlagen wurden verschiedentlich verbessert. Der Betrieb der Uhren erfuhr keine Unterbrechungen.
Mit der Leitung des Bambergwerks in Friedenau wurde verhandelt wegen Lieferung eines Mikrophotometers nach Hartmann für die begonnenen photographisch-photometrischen Untersuchungen an raschwechselnden δ Cephei-Sternen. Zur Zeit der Abfassung dieses Berichts war das Instrument noch nicht fertiggestellt. Auch bereitet die Finanzierung des Planes erhebliche Schwierigkeiten.
Die Bibliothek erfuhr, außer durch zahlreiche Zusendungen der Veröffentlichungen verwandter Institute, eine beträchtliche Erweiterung durch Ankauf aus dem Nachlaß von Geheimrat Hartwig in Bamberg. Mit der Herstellung eines Verzeichnisses wurde begonnen.
Die Beobachtungen waren bis zum Juli durch das Fehlen des Instruments behindert. Neben der planmäßigen Verfolgung veränderlicher Sterne wurden einige photometrische Sternfolgen, insbesondere die Nordpolarfolge, vielfach und mit verschiedenartigen Instrumenten durchbeobachtet zwecks einer Untersuchung über das Verhalten des Stufenwertes unter verschiedenen Bedingungen. Die Mikrometerbeobachtungen beschränkten sich auf mehrere Bestimmungen des Schraubenwertes. Die systematischen Beobachtungen der Sternschnuppen wurden in mäßigem Umfang fortgesetzt. In den letzten Monaten wurden mehrfach Aufstellungsbeobachtungen und Fehlerbestimmungen an dem neuen Instrument vorgenommen, auch einige Probeaufnahmen mit der großen Kamera gemacht. Die planmäßige Arbeit dieser Art konnte indessen erst beginnen, nachdem das Uhrwerk ersetzt war. :
Zwei umfangreiche Untersuchungen beschäftigten mich während langer Zeit. Die eine befaßt sich mit der Gestalt der mittleren Lichtkurven der δ Cephei-Sterne und soll auf alle bekannten Sterne dieser Art ausgedehnt werden. Sie ist noch unvollendet. Die andere hatte einige grundsätzliche Fragen aus der Theorie der Sternschnuppen zum Gegenstand. Sie kam gegen das Jahresende zum Abschluß, und die Darstellung der Ergebnisse konnte im Februar 1924 druckfertig an die Astronomischen Nachrichten gesandt werden.
Die Herausgabe der „Mitteilungen der Sternwarte zu Sonneberg“ wurde fortgesetzt. Ende Dezember befand sich Nr. 5 im Druck.
Für das Preußische Meteorologische Institut versah ich den Gewitterdienst. Es wurden 11 Tage mit Nah-, 4 mit Ferngewitter und 10 mit Wetterleuchten festgestellt.
Im August war ich drei Wochen lang auswärts beschäftigt, zunächst mit Vermessungen bei dem Segelflug-Wettbewerb auf der Wasserkuppe in der Rhön, dann als Vortragender bei einem vom „Bund der Sternfreunde“ in Jena veranstalteten Kursus. — Die Sternwarte erhielt mehrfach den Besuch der Oberklassen des hiesigen Städtischen Lyzeums, denen die Instrumente vorgeführt und einige himmlische Objekte gezeigt wurden. Auch durch Darleihung von Apparaten konnte der Unterricht an genannter Anstalt unterstützt werden.
C. Hoffmeister.
21.09.2024 - Spaziergang nach Neufang

Von 4:30 Uhr bis 6:30 Uhr am Abend unternahm Cuno Hoffmeister einen Spaziergang über den Schönberg zum Standort der zukünftigen Sternwarte, wobei die Vorteile dieses Ortes im Vergleich zu anderen Standorten erneut deutlich erkennbar wurden.

23.09.2024 - Besuch auf dem Stadtbauamt

„Cuno Hoffmeister hat am Nachmittag das Stadtbauamt aufgesucht, um ein Gutachten über den Neubau der Sternwarte zu erstellen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf etwa 10.000 Mark, wobei die Kuppel nicht berücksichtigt wurde. Daher steht der Umsetzung des Projekts voraussichtlich nichts im Wege.“

13.10.2024 - Besichtigung des Staatsminister Leutheußer

Der damalige Staatsminister Leutheußer eine Besichtigung in Sonneberg abgehalten. Zu diesem Treffen war auch der Erste Bürgermeister von Sonneberg ausdrücklich durch das Staatsministerium eingeladen worden, sodass die Stadt nun offiziell von den Plänen Kenntnis erhielt. Zu diesem Zeitpunkt war jedoch noch nicht von einer Beteiligung der Stadt die Rede, da Hoffmeister zunächst ausschließlich die Landesregierung kontaktiert hatte.“

22.10.2024 - Denkschrift an das Thüringer Ministerium für Volksbildung

Diese Denkschrift ist hier nur zusammengefasst, das Original umfasst 7 Seiten:

Die Sternwarte Sonneberg wurde gegründet, um wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere zu Sternschnuppen und Feuerkugeln, weiterzuführen. Sie übernahm die Rolle der europäischen Zentralstelle für diese Forschung, wobei bereits umfangreiche Ergebnisse veröffentlicht wurden. Neben der Fortführung der bisherigen Arbeiten verlagerte sich der Forschungsschwerpunkt auf die Untersuchung des Lichtwechsels von Cephei-Sternen. Diese Arbeit wurde durch frühere Tätigkeiten in Bamberg angeregt und durch die finanzielle Unterstützung der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft ermöglicht. Mit modernen Instrumenten, insbesondere für die fotografische Photometrie, konnte die Forschung auf ein hohes Niveau gehoben werden.

Der aktuelle Standort der Sternwarte in Sonneberg ist jedoch problematisch. Lichtverschmutzung, Rauch, Erschütterungen durch Verkehr und begrenzter Platz behindern die Arbeit erheblich. Eine Verlegung der Sternwarte wurde daher notwendig. Nach eingehender Prüfung fiel die Wahl auf den Erbisbühl in Neufang, etwa 2 Kilometer nordöstlich der Stadt. Der neue Standort bietet zahlreiche Vorteile, darunter Freiheit von störenden Einflüssen, günstige meteorologische Bedingungen und eine hervorragende Sicht in alle Richtungen. Obwohl gelegentlich Nebel auftreten kann, wird dieser Nachteil durch die längeren klaren Nächte am neuen Standort mehr als ausgeglichen.

Für den Neubau der Sternwarte ist ein funktionales und kosteneffizientes Konzept vorgesehen. Geplant ist ein steinernes Beobachtungsgebäude sowie ein Holzbau für Wohn- und Arbeitsräume. Die Baukosten belaufen sich auf etwa 20.000 Mark, wobei ein Provisorium für 10.000 Mark ebenfalls denkbar wäre. Das Ziel des Projekts ist es, zu demonstrieren, wie auch mit bescheidenen Mitteln wissenschaftlich wertvolle Arbeit geleistet werden kann. Der neue Standort soll die Qualität der Arbeit steigern und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Astronomie stärken, insbesondere im Vergleich zu internationalen Einrichtungen. Die Sternwarte Sonneberg soll so ein Beispiel dafür werden, wie mit Zweckmäßigkeit und Effizienz in der Forschung Großes erreicht werden kann.

16.12.1924 - Ein Kuppel für die Sternwarte

Die Carl-Zeiss-Stiftung beschließt, eine geeignete Kuppel der Sternwarte Sonneberg kostenlos zu überlassen. Das war schon ein erster, großer Erfolg!

1925 - Jahresbericht für 1924 in der Astronomischen Gesellschaft
Nachdem die Arbeiten der Sternwarte in den Vorjahren dadurch wesentlich beeinträchtigt wurden, daß das Instrumentarium sich noch im Zustande des Ausbaues befand, konnte erwartet werden, daß das Jahr 1924 das erste war, in dem eine planmäßige Tätigkeit möglich sein würde. Diese Hoffnung hat sich erfüllt, nicht jedoch die Erwartung, daß der Ausbau des Instituts nunmehr in großen Zügen vollendet sei. Mit der Aufnahme der Tätigkeit, insbesondere der Ausführung des photographischen Programms, traten auch die baulichen Unzulänglichkeiten, vor allem das Fehlen einer drehbaren Kuppel, in Erscheinung und erwiesen sich nicht selten als hinderlich oder brachten zumindest Unbequemlichkeiten und Zeitverluste mit sich. Hinzu kam noch der Umstand, daß die Verhältnisse am jetzigen, innerhalb der Stadt gelegenen Orte der Sternwarte immer ungünstiger werden. Im Laufe des Jahres 1924 wurde die Straßenbeleuchtung wieder auf den Vorkriegsstand gebracht. Die Stadtverwaltung und die Direktion der Südthüringischen Licht- und Kraftwerke kamen zwar den Bedürfnissen der Sternwarte in dankenswerter Weise weit entgegen, indem sie die Aufstellung neuer Laternen in der Nähe der Sternwarte unterließen und die vorhandenen durch Abblendung oder Versetzung unschädlich machten, die Gunst der Verhältnisse litt aber doch Einbuße, und nur dem Fehlen raucherzeugender Industrie und der in klaren Nächten oft nur geringen Dunstbildung ist es zu danken, daß die Umstände auch jetzt noch verhältnismäßig günstig sind. Insbesondere aber die Erwartung einer weiteren Verschlechterung in den nächsten Jahren, sowie auch die schon reichlich vorhandenen Störungen durch den Verkehr ließen im September den Plan einer Verlegung der Sternwarte entstehen.
In Aussicht wurde genommen ein Platz in 638m Seehöhe und
240m relativer Höhe über der Stadt 2,5 km von der mittleren Stadt entfernt in der Nähe der eingemeindeten Ortschaft Neufang. Die baulichen Einrichtungen sollen sich auf das unbedingt Notwendige und Zweckmäßige beschränken. Zugleich stand fest, daß der bisherige private Charakter des Instituts dabei aufgegeben werden müßte. Die Anregungen fanden beim Thüringischen Ministerium für Volksbildung in Weimar günstige Aufnahme. Am 13. Oktober besichtigten Herr Staatsminister Leutheußer und Herr Oberregierungsrat Stier die Sternwarte und den für die Verlegung in Aussicht genommenen Platz und sagten die Unterstützung des Planes zu. Im Laufe der weiteren Verhandlungen wurde als das Zweckmäßigste erkannt, daß die Stadt Sonneberg mit staatlicher Beihilfe das Gebäude errichtet und dessen Eigentümerin wird. Zur Zeit der Abfassung dieses Berichtes, Ende April 1925, hat die Vorlage bereits die Billigung durch den Gemeinderat gefunden, so daß der Plan in der ihm aus finanziellen Gründen auferlegten Beschränkung voraussichtlich im Laufe des Sommers 1925 verwirklicht werden kann.
Das Instrumentarium wurde vermehrt um eine Pendeluhr, Type A 2, Nr. 488 von Clemens Riefler, die nach Sternzeit reguliert ist und dazu dienen soll, die Sekundenkontrolle der äquatorialen Montierung zu betreiben. Das im vorigen Bericht erwähnte Mikrophotometer wurde im Juni abgeliefert und von der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft übernommen, wofür auch an dieser Stelle gedankt sei. An Nebenapparaten des Hauptinstrumentes kamen hinzu ein Objektivgitter für die 170 mm Kamera und eine photographische Kassette für das visuelle Objektiv (dreiteiliger Apochromat von 135 mm Öffnung), beide eigener Herstellung. Die funkentelegraphische Empfangsanlage wurde verschiedentlich verbessert.
Im Vordergrunde der Beobachtungstätigkeit standen die photographischen Aufnahmen. Insgesamt wurden 116 Platten belichtet, davon 97 mit dem. 170 mm-Objektiv, 18 mit dem
135 mm-Objektiv und 1 mit einem 80 mm-Objektiv. Hinsichtlich des Zwecks verteilen sie sich wie folgt: 11 für Umgebungskarten langperiogischer Veränderlicher, 56 für raschwechselnde δ Cephei-Sterne, 43 für ausgewählte unregelmäßige Veränderliche, 1 für Sternschnuppen und 5 für Versuche. Die Beobachtungen der δ Cephei-Sterne erstreckten sich auf V Leonis minoris, TW Herculis, RZ Tauri und RZ Cephei und erfolgten in der Weise, daß eine Reihe von Aufnahmen nebeneinander auf derselben Platte gemacht wurden. Die genannten Sterne sind etwa 10. bis ı2. Größe. Die Belichtungszeiten der einzelnen Aufnahmen betrugen zwischen 3 und 20 Minuten. Die Platten enthalten bis zu 30 Bilder. Es besteht die Hoffnung, daß es durch Vermessung dieser Platten im Mikrophotometer gelingt, die Feinstruktur der Lichtkurven bis zu einem gewissen Grade zu entschleiern. Auf jeden Fall werden sie Aufschluß geben, ob die Kurve in verschiedenen Erscheinungen wesentlich abweichend verläuft. - Die visuellen Beobachtungen veränderlicher Sterne beschränkten sich auf die Verfolgung einiger seit langem überwachter Sterne. Mehrere der Kartenplatten wurden vermessen und die Ergebnisse als Heft 6 der „Mitteilungen“ veröffentlicht, zusammen mit einer Untersuchung der Mikrometerschraube.
Am Fadenmikrometer wurde sechsmal der Schraubenwert bestimmt und zwar durch Messung der Deklinationsunterschiede der Sternpaare δ und ε Orionis, ε und ζ Orionis, α und β Delphini, α und γ Aquilae unter Einschaltung vermittelnder Sterne. Einmal wurde der Enckesche Komet 1924 b, 15 mal der Planet 1924 TD beobachtet. Vom Kometen 1924 c (Finsler) gelang es wegen Ungunst des Wetters nur einmal, am 20. September, einen genäherten Ort durch Ablesung der Kreise zu erhalten. Ferner wurden die Orte der veränderlichen Sterne RX Monocerotis, UZ Geminorum, UV Lyrae und TV Pegasi bestimmt.
Einige Nächte wurden auf die Beobachtung der Sternschnuppen verwandt. An gelegentlich beobachteten Erscheinungen sind zu erwähnen die Mondfinsternis vom 20. Februar sowie einige Sternbedeckungen. Bei den anderen Finsternissen des Berichtsjahres herrschte trübes Wetter. - Mehrfach wurden auch die Aufstellungsfehler des Instruments ermittelt.
Sonstige Untersuchungen sowie auch die Bearbeitung älterer Beobachtungen konnten nicht in dem Maße gefördert werden, wie dies erwünscht gewesen wäre. Der Mangel einer Hilfskraft machte sich mehr und mehr fühlbar. Erfreulicherweise ist jetzt in dieser Hinsicht eine Änderung erfolgt. Am 1. Februar 1925 trat Herr Kurt Glaß aus Brunndöbra im Vogtland als Gehilfe der Sternwarte ein, womit zunächst eine wesentliche Entlastung des Unterzeichneten von Schreib- und einfacher Rechenarbeit erreicht worden ist. Es ist nunmehr auch die Gewähr gegeben, daß die Bearbeitung der Beobachtungen mit der Gewinnung neuen Materials Schritt halten wird.
Auch im verflossenen Jahre wurde die Sternwarte dem Unterricht hiesiger Lehranstalten dienstbar gemacht, soweit die beschränkten Raumverhältnisse und die Rücksichten auf die wissenschaftliche Arbeit es zuließen.
C. Hoffmeister.
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