Detektion der Gravitationswellen
Montagsvortrag
Vor etwas mehr als einer Milliarde Jahren ereignete sich in einer fernen Galaxie eine gigantische Explosion: Zwei schwarze Löcher, jedes etwa dreißig Mal so schwer wie unsere Sonne, wirbelten in immer enger und schneller werdenden Spiralen umeinander und verschmolzen schließlich zu einem einzigen schwarzen Loch. Kurz vor der Explosion umkeisten sie sich unvorstellbare 250 Mal pro Sekunde.
Detektion von Gravitationswellen
Jedoch - diese Explosion blieb vollkommen unsichtbar! Kein Licht, keine Radio-, Röntgen- oder Gamma-Strahlen kündeten von diesem furiosen Schauspiel, bei dem mehr Energie freigesetzt wurde, als alle Sterne im ganzen überschaubaren Universum ausstrahlen. Woher wissen wir dann überhaupt davon?
Die Gravitationstheorie von Albert Einstein, auch Allgemeine Relativitätstheorie genannt, beschreibt solche Ereignisse und sagt vorher, dass dabei sogenannte Gravitationswellen abgestrahlt werden. Es sind genau diese Wellen, die die Explosionsenergie davontragen und die sich fortan ungehindert durch das Universum ausbreiten und dabei langsam abschwächen.
Bei der oben geschilderten Explosion wurden immerhin drei Sonnenmassen in Form von Gravitationswellen abgestrahlt. Möglich ist diese wundersame Wandlung von Masse in Energie entsprechend der berühmten Gleichung "E gleich m mal c Quadrat", die Einstein bereits 1905 im Rahmen der Speziellen Relativitätstheorie fand.
Detektion von Gravitationswellen
Wissenschaftler in aller Welt suchen seit den 1960er Jahren nach diesen Gravitationswellen, zuerst mit großen Zylindern aus möglichst reinem Aluminium, später mit Laser-Strahlen. Letztere werden in einem Interferometer genannten Experimentalaufbau zuerst in zwei Richtungen, die senkrecht zueinander stehen, geschickt, nach einer längeren Strecke zurückreflektiert und und an einem gemeinsamen Punkt wieder überlagert, so dass sich die Laserstrahlen entweder auslöschen oder verstärken.
Die Grundidee zum Nachweis der Gravitationswellen besteht darin, dass eine Gravitationswelle die Abstände zwischen der Mitte des Experiments und den weit entfernten Spiegel ändert, und zwar so, dass ein Arm verlängert wird, während der andere schrumpft, kurze Zeit später ist es genau anders herum, und so weiter, je nachdem, wie schnell die Welle schwingt. Das führt dazu, dass die überlagerten Laserstrahlen sich mehr oder weniger gut auslöschen, die dort angebrachte Photodiode also ein sich änderndes Signal registiert.
Doch die Detektion von Gravitationswellen stellte sich als ziemlich schwierig heraus. Eines der Hauptprobleme dabei ist, dass dieser Effekt der Längenänderung noch kleiner als winzig klein ist. Auf einer Strecke von einem Kilometer beträgt die Ausdehnung lediglich den tausendsten Teil eines Proton-Durchmessers.
Eine andere Schwierigkeit entsteht durch Störungen auf der Erde, wie etwa Erdbebenwellen, die Brandung der Ozeane, oder auch einfach durch die durch Verkehr auf Straßen und Schienen verursachten Vibrationen. Alle diese Störsignale, die das eigentliche Signal, nach dem man sucht, um ein Vielfaches übersteigen, müssen erkannt und herausgefiltert werden.
Einer, der die Technik der Detektoren mit entwickelt hat, war am vergangenen Montag zu Gast im Astronomiemuseum der Sternwarte Sonneberg: Dr. Harald Lück vom Albert-Einstein-Institut in Hannover, berichtete zunächst kurz über die Historie der Detektion von Gravitationswellen, eher er zu der spektakulären Entdeckung vom 14. September 2015 überleitete. An diesem Tag registrierten fast gleichzeitig zwei Messgeräte in den USA mit jeweils 4 Kilometern Armlänge ein verdächtige Erschütterung des Raumes, so wie es die Theorie von Einstein vorhersagte. Nach Monaten sorgfältiger und kritischer Auswertung war man sich aber sicher, dass man die Signale vom Verschmelzen zweier Schwarzer Löcher empfangen hatte - so wie eingangs beschrieben.
Die Jagd nach den Gravitationswellen ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche internationale Kooperation. Zwar gelang der Nachweis mit den amerikanischen Detektoren, doch ist der wesentliche Beitrag zur Steigerung der Empfindlichkeit den deutschen Kollegen in Hannover zu verdanken, die - wegen ihres deutlich kleineren Interferometers mit "nur" 600 Metern Armlänge - sich schon frühzeitig um besonders ausgefeilte Laser-Technik bemüht hatten. Diese Laser arbeiten auch in den beiden LIGO genannten Anlagen in den USA.
Weitere Gravitationswellen-Empfänger sind im Bau, so etwa in Italien, in Indien und in Japan. Auch eine Weltraum-Mission, die in ca. 15 Jahren starten soll, ist in Planung, ein Test-Satellit hat bereits die ersten Proben bestanden.
Das Tolle an dem zweifelsfreien Nachweis der Gravitationswellen ist, dass sich nun für die Astronomie ein neues Beobachtungsfenster geöffnet hat. Diese Wellen durchdringen das Universum, nichts kann sie aufhalten. Ihr Empfang erlaubt es uns, in bisher ungesehene Welten hineinzuhorchen, ja bisher unsichtbare Ereignisse überhaupt wahrnehmen und studieren zu können. Die Fachleute hoffen damit auch ganz fundamentale Fragen zu klären, etwa die der Natur der Dunklen Materie und der Dunklen Energie.
Doch dieser Meilenstein der Forschung ist auch Anlass, den beteiligten Wissenschaftlern Anerkennung und Respekt zu zollen. So wurde das Konsortium der Forscher am 2. Mai - zufällig gleichauf mit unserem Vortragsdatum - mit dem mit 3 Millionen Dollar dotierten "Preis für einen Durchbruch in Fundamentaler Physik" ausgezeichnet. Dass es über eintausend Wissenschaftler sind, die sich das Preisgeld teilen müssen, wird Herrn Lück nicht enttäuschen - wir gratulieren jedenfalls sehr herzlich!